Gelingensfaktoren
Die Ergebnisse der Bildungsstandardsüberprüfung sind da und sollen für die
Unterrichtsentwicklung genutzt werden. Faktoren, die zum Gelingen beitragen:
Verantwortung
„Klar, das Lernen der Schüler/innen hängt von vielen Faktoren ab, die ich als Lehrerin nicht beeinflussen kann. Es liegt zum Beispiel nicht in meiner Verantwortung, ob Kinder in den ersten Lebensjahren in einer lernförderlichen Umgebung aufgewachsen sind. Schulisches Lernen kann ich jedoch sehr wohl beeinflussen: Es geht ja darum, ob meine Schüler/innen zum Lernen motiviert sind. Das hat sehr viel damit zu tun, wie ich meinen Unterricht gestalte. Also bin ich für ihre Lernerfahrungen und Lernergebnisse im schulischen Rahmen mitverantwortlich. Ich darf sie nicht alleine lassen oder ihnen die Schuld in die Schuhe schieben. Wenn’s nicht funktioniert, muss ich mir eben etwas anderes überlegen. That’s my job!“
Christine Futschek, VS Niederösterreich
Reflexion
„Möchten Sie
zu einem Chirurgen gehen, der sich nicht um den Erfolg seiner Eingriffe kümmert
und darüber nachdenkt? Sehen Sie. Warum also sollten Eltern ihr Kind zu mir in
die Klasse schicken, wenn ich nicht bereit bin, den Erfolg meines Handelns
systematisch zu überprüfen? Die Auswirkungen sind oft nicht so unmittelbar und
spektakulär wie bei einer Operation. Bedeutsam für den weiteren Lebensweg sind
sie allemal. Profis reflektieren ihr Handeln und die Ergebnisse. Lehrerin sein ist
eine Profession – also tu ich‘s.“
Lili Vrhovac, NMS Oberösterreich
Lernen
„Wenn ich an
meine eigene Schulzeit zurückdenke … Viel zu oft ist es nur darum gegangen,
dass ich ›den Stoff beherrsche‹, und das hieß, mehr oder weniger auswendig
Gelerntes wiederzugeben. Heute weiß ich: Das ist zu wenig. Wenn meine
Schüler/innen die Lerninhalte nicht verstehen und sie nicht in verschiedenen
Situationen anwenden können, fehlt etwas. Sie müssen auch wissen, warum sie
etwas tun, und überlegen, was sie damit bewirken. Ich muss also am Anfang
darüber nachdenken, was sie am Ende können sollen, und mit welchen Inhalten ich
das verknüpfen will. ›Kompetenzorientierung‹ nennt man das heute. Soll sein.
Eigentlich sagt’s einem der gesunde Menschenverstand.“
Mag. Annemarie Strauß, AHS Wien
Beziehung
„Was mir so
wichtig erscheint, ist, dass wir unsere Schüler/innen als individuelle
Persönlichkeiten wahrnehmen. Dass wir sie nicht reduzieren auf einzelne
Leistungen, gut lesen zum Beispiel. Gut oder nicht gut lesen zu können kann
viele Ursachen haben. Keinesfalls aber sagt es etwas über den Wert eines
Menschen aus. Wir müssen ihnen also das Gefühl geben, dass wir sie als ganze
Person wahrnehmen und schätzen. Dann werden sie übrigens auch das Lesen
schneller lernen. Wir müssen gemeinsam mit ihnen erforschen, was ihnen hilft
beim Lernen. Dann bekommen sie auch eine aktive Rolle und sind nicht nur
›Gegenstand‹ unserer Betrachtungen und Einschätzungen – das ist wichtig für die
Motivation.“
Claudia Achleitner, VS Wien
Systemischer Blick
„Jessica hat
Schwierigkeiten mit den Grundrechnungsarten. Was heißt das für mich? Ich muss
herausfinden, woran es liegt. Das kann viele Gründe haben – inhaltliche,
fachdidaktische, psychologische, die sich wechselseitig noch verstärken können.
Ich muss mit ihr, möglichst auch mit den Eltern reden. Vielleicht auch mit ein
paar von ihren Klassenkameradinnen. Dann sollte ich einschätzen können, ob ich
ihr alleine helfen kann, oder ob sie Unterstützung von anderer Seite braucht,
vom Klassenlehrer/innen-Team, vom Schulpsychologen, von einer Sozialarbeiterin.
Da kann ich dann vermitteln. Wichtig ist, dass Jessica spürt, dass sie mir
wichtig ist, dass ich sie respektiere und auch gerne habe.“
Nina Albrecht, VS Niederösterreich
Kooperation
„Wenn ich die
Ergebnisse meiner Klasse und unserer Schule bekomme, ziehe ich mich erst einmal
kurz zurück und lasse sie auf mich einwirken. Was freut mich? Was überrascht
mich? Wo sehe ich auf den ersten Blick, dass etwas nicht passt? Das schreib ich
mir auf, zunächst einmal nur für mich. Aber dann interessiert mich natürlich,
wie es den anderen beteiligten Kolleg/innen geht. Haben sie die gleichen
Fragen? Was hat bei ihnen gut funktioniert? Dann setzen wir uns zusammen und
reden darüber. Geht nicht mit allen gleich auf Anhieb und gleich gut. Das hat
oft mit der Sorge zu tun, bloßgestellt zu werden. Aber wenn man einmal merkt,
dass das nicht passiert, werden die Vorteile schnell klar: Die Intelligenz der
Gruppe ist der des/der Einzelnen fast immer überlegen – denken wir nur an die
blinden Flecken in unserer Wahrnehmung! Erstaunlich, wie kreativ so eine Runde
sein kann‚ von der Psychohygiene mal ganz abgesehen. Und auf lange Sicht
erspare ich mir sogar Arbeit. Solche professionellen Lerngemeinschaften
funktionieren tatsächlich!“
Helga Diendorfer, MA, NMS Niederösterreich
Schulleitung
„Was meine
Schulleiterin zum Gelingen beitragen kann? Viel! Ich sehe ihre Aufgabe in
erster Linie darin, ein Klima an unserer Schule zu schaffen, das eine
gemeinsame Arbeit an der Gestaltung des Unterrichts befördert oder überhaupt
erst ermöglicht. Wenn ich z. B. im Kolleg/innenkreis über die Testergebnisse
meiner Klasse spreche, muss ich das Vertrauen haben, dass meine Offenheit nicht
missbraucht wird. Wer will schon am Pranger stehen? Ich wünsche mir von meiner
Schulleiterin, dass sie klarstellt, worum es geht: um die Schüler/innen und ihr
Lernen nämlich, und um unsere Rolle dabei. Und worum es nicht geht: um
Schuldzuweisungen. Ich wünsche mir, dass sie das gemeinsame Nachdenken und die
Zusammenarbeit von allen einfordert, wenn nötig auch mit Nachdruck, weil es
wichtig ist. Dass sie Zeiträume schafft, die das auch ermöglichen. Und dass sie
für Unterstützung sorgt, wenn wir sie brauchen.“
Mag. Rosmarie Knoflach, AHS Tirol